Donnerstag, 4. August 2011

Das Erbstück

“Cosas vederes Sancho, que non crederes”...**
"Es ist ein magisches Kästchen und verleiht seiner Herrin Gaben, aber…."
"Und wieder bin ich nicht weitergekommen damit… und das, obwohl ich die Information zu dem Kästchen erhalten habe.

Dieses gelangt von einer Generation auf die nächste, kommt immer in die Hände der Frau, die als  nächstes in die Familie geboren wird – wenn sie es annimmt – oder freiwillig entgegennimmt, als
Geschenk…

Ich habe es angenommen.

Es ist ein Zauberkästchen und verleiht seiner jeweiligen Herrin Gaben, aber …
das Problem besteht darin, dass es keine Gebrauchsanweisung mitbringt (wie eine von denen, die in allen möglichen Sprachen mitgeliefert werden, z.B. für elektrische Heizöfen)…

Da steht es vor mir, ruhig und schweigsam. Wer eine Lösung oder Antwort sucht, muss zusehen, wie er sie erhalten kann…

Ich habe es geöffnet, um und umgewendet und gründlich untersucht: nichts. Es ist ein einfaches  Lackkästchen.

Es ist nicht einmal verschließbar, kaum schließt es, indem man ihm den Deckel aufsetzt.

 "Vielleicht steigt er auf aus den goldenen Ranken, deren Zeichnung den ganzen Deckel ziert 
Ein zauberhafter Duft geht von ihm aus, immer.

Vielleicht steigt er auf aus den goldenen Ranken, deren Zeichnung den ganzen Deckel ziert –
verschlungene Äste mit Früchten, mit Vögeln: ob sie die Antwort für mich bereithalten? Wäre es möglich?

Ich habe die Vögel gezählt, ich glaube es sind acht, aber ich bin mir nicht sicher, einige Zweige oder Blätter könnten auch etwas anderes sein… Die Blätter zu zählen ist schier unmöglich, das Gleiche gilt  für die Zweige, die Früchte…

Und wenn die Lösung des Rätsels nicht in Zahlen bestünde? oder wenn man zählen müsste – bis zur  Abenddämmerung, vielleicht – und mit den erhaltenen Daten einen Algorithmus aufstellen, der zu
einem Buchstaben führt, einem Symbol, irgendetwas?

Ich habe alles Mögliche versucht, seit das Kästchen in meine Hände gelangt ist. Und jedes Mal glaubte ich, die Lösung gefunden zu haben – aber immer hatte ich mich geirrt.

Die Erinnerung steigt auf an das Lächeln meiner Tante, weise schien es mir zu sein, ihr Lächeln, als sie mich fragte, ob ich das Kästchen haben wolle, und ich annahm.

Vielleicht war es ein Lächeln der Erleichterung, und ihre Weisheit bestand darin – sich befreit zu haben von der Gabe?"
                                                   Arelisa Beatriz Romero
                
Ich habe alles Mögliche versucht, seit das Kästchen in meine Hände gelangt ist. Und jedes Mal glaubte ich, die Lösung gefunden zu haben – aber immer hatte ich mich geirrt.

Erstmals veröffentlicht unter dem Namen Arelisa Suoboda in "Ciencias Milenarias" Nr 21, Juli 1999; Verlag Ediser; www.croattodesign.com.ar. Urheberrechtlich geschützt durch Gesetz 11723. Abdruckrechte der Abbildungen hat sich die Autorin vorbehalten.



**Anmerkung der Übersetzung:(aus dem "Don Quichote" von Cervantes, da das Zitat "geschützt" ist, könnten wir als Äquivalent das Shakespeare-Wort aus dem "Hamlet" anführen:
"Es gibt mehr Ding' im Himmel und auf Erden, als eure Schulweisheit sich träumt...").




Übersetzung  : Friederike Maschmann-Ringe. 

Vielen Dank Friederike,  Arelisa